Dieses Buch stelle ich gerade aus einem Hotelzimmer in Dublin online. Mit meiner Kollegin Kathrin Greif-Maher zusammen leite ich hier eine viertägige Studienreise für die Typographische Gesellschaft München (tgm). Anlass genug, das Buch der Woche diesem Thema zu widmen.
Seit 2007 bin ich Mitglied der tgm, also seit genau zehn Jahren! 2008 war ich Teilnehmerin einer Studienreise nach Istanbul – organisiert von Oliver Linke und Robert Strauch. Gleich am ersten Abend, in einem wunderbaren türkischen Restaurant, habe ich den Anwesenden eine Reise nach Armenien versprochen. Gesagt, getan: Im November 2009 leitete ich meine erste Studienreise für die tgm nach Armenien. Diese Reise hatte eine tiefgehende Wirkung auf mein Leben: Im Zuge der Reisevorbereitungen musste ich mich immer intensiver mit der Geschichte meines Volkes* auseinandersetzen, wieder viel armenisch sprechen und lesen sowie Land und Leute besuchen. Durch diese Reise habe ich ein Stück Weg zurück zu meinen Wurzeln gefunden, und wundersamerweise hat mir dies geholfen, mich in Deutschland noch mehr zu Hause zu fühlen. Das hätte ich vorher nicht gedacht! Auch für die tgm blieb die Armenienreise nicht ohne Folgen: Beim Internationalen Schriftwettbewerb »Granshan« gingen wir noch während der Reise eine bis heute andauernde Partnerschaft mit dem armenischen Kulturministerium ein.
Seit 2009 habe ich zusammen mit Kollegen einige weitere Studienreisen für die tgm organisiert und durchgeführt – jede einzelne davon war ein Highlight in meinem Leben. Diese Dublin-Reise wird vorerst die letzte sein, eine Abschiedsreise also. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei der tgm bedanken: Besonders seit 2008, seit ich Teil des Aktivteams wurde, seid ihr ein Stück Familie für mich gewesen. Als (früher) ewig Heimatlose bedeutete mir die Arbeit für die tgm Halt und Verwurzelung. Danke!
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* Von der Volkszugehörigkeit her bin ich Armenierin – geboren und aufgewachsen im Iran. 1984 flüchtete ich aus meiner Heimat nach Deutschland und bin seither nie wieder im Iran gewesen. Armenien war seit Anfang der 1920-er Jahre Teil der Sowietunion, weshalb Urlaub und Familienbesuche dorthin erst seit 1991 möglich sind. Viele aus meiner Familie, so zum Beispiel drei meiner Tanten, waren in den 1960-ern dorthin ausgewandert. Diese Menschen kannte ich bis zu meiner ersten Armenienreise 1992 nur aus Erzählungen und Fotoalben.
Nach meiner Flucht bildete ich mir in meiner jugendlichen Leichtsinn ein, dass ich alle meine Wurzeln abschneiden kann, wenn ich nur keine tiefer gehenden Kontakte mit meinen Ursprüngen pflegen würde. Dass dies erstens nicht möglich, und zweitens völlig unsinnig war, ist mir durch die Reisevorbereitung nach Armenien bewusst geworden.
Wie war’s?
Es gibt Wochen, die haben nur einunddreiviertel Tage. Diese Woche war so eine. Bis Sonntag war ich in München unterwegs, danach bis Dienstag Abend zu Hause und dann wieder unterwegs in Dublin. In diesen einunddreiviertel Tagen standen zwei Auftragsarbeiten, die Erstellung des Reiseplans für die Reiseteilnehmer und die gesamte Arbeit am Buch #02 an. Bis Sonntag Mittag war ich mir nicht einmal über das Thema des Buches im Klaren. Also Zeitdruck hoch drei! Die Lösung des »Problems« bestand darin, dass ich das Reiseprogramm und das Buch unter einen Hut gebracht habe. Das Buch ist ein Reisebegleiter für Dublin geworden und Seiten daraus habe ich ausgedruckt und als Resieprogramm an die Teilnehmer verteilt. So freuten sich auch die Teilnehmer über die ungewöhnliche Gestaltung des Programms – ein schöner Nebeneffekt.
Die Zeit war extrem knapp! Am Dienstag Nachmittag musste ich in den Zug nach München steigen und am Mittwoch sehr früh in die Maschine nach Dublin. Am Ende schaffte ich die Bindung nicht rechtzeitig, die aus einer Naht mit der Nähmaschine bestehen sollte. Also nahm ich die ausgedruckten beschnittenen Blätter mit in der Hoffnung, in Dublin eine Nähmaschine zu finden. Mein Gott, was für eine Aufregung!!
Gestern (Donnerstag) dachte ich noch, dass ich am Ende das Buch ungebunden fotografieren und hochladen würde, da alle Versuche, in Dublin eine Nähmaschine zu finden, bis dahin fehlgeschlagen hatten. Dann betrat ich gestern Mittag eher hoffnungslos ein Geschäft, das Stoffe und Kurzwaren verkaufte. Der Besitzer hörte sich mein Anliegen an und schickte mich nicht wie all die anderen wieder weg, sondern sagte ganz lässig und wie selbstverständlich: »ja, mache ich«. Wow! Ihr glaubt nicht, wie glücklich er mich machte. Ich hätte ihm in die Arme fallen und ihn küssen können vor Glück und Erleichterung.
Das Buch ist also tatsächlich fertig und kann jetzt, am Freitag Abend, hochgeladen werden. Yeppi! Es besteht aus einem Innentitel, 2 Seiten Text plus Impressum sowie aus vier gefalzten Blättern, die auf der Vorderseine den jeweiligen Tagesplan und auf der Rückseite einen Stadtplan mit den relevanten Orten des Tages beinhalten.
Eckdaten
- Format geschlossen: 12 x 18 cm
- Format offen: 84 x 18 cm
- Umfang: 36 Seiten plus Umschlag
- Schrift: Woodford Bourne von Paulo Goode – das Typedesign ist eine Hommage an die historische Beschriftung der Gebäudefassaden von Woodford, Bourne & Co. in Cork City in Irland
- Druck und Material Innen: Laserprints auf Mondi Bio Top 3 80 g/qm; Cover: Fine-Art-Prints auf Hahnemühle Canvas 370 g/qm