So entwickelst du eine Feedbackkultur in deinem Team

von | 26. Mai 2020

»Wieso braucht ihr jetzt noch Feedback von mir? Ihr habt doch schon so viel Lob bekommen!« Dies ist die Reaktion einer Führungskraft, auf die Bitte ihrer Mitarbeiter um ein Feedbackgespräch nach dem erfolgreichen Abschluss eines Projekts.

Ja, das Team (in diesem Fall sind es drei Kolleg*innen) hat während des laufenden Projekts von allen Beteiligten viel Anerkennung erhalten — übrigens auch von diesem Vorgesetzten. Lob und Anerkennung sind zwar schön und gut, reichen aber nicht, um das ganze Lernpotenzial aus dem Gesamtprozess zu nutzen. In einer Feedbackrunde möchten die drei jetzt ihre Vorgehensweise analysieren, ihre Ergebnisse mit der ursprünglichen Zielsetzung vergleichen und eine Strategie für das weitere Verfahren ausarbeiten. Das Projekt an sich ist zwar schon abgeschlossen, aber es birgt auch eine große Chance für Entwicklung und für weitere neue Projekte. Gerade weil es so erfolgreich war!

Bei dieser Geschichte war das Ende des Lieds, dass die Führungskraft auf eine zweite Bitte des Teams, diesmal per Mail, gar nicht reagiert hat. Die Mitarbeitenden sind enttäuscht und demotiviert, die Chance vertan …

Was hat Feedback mit Wertschätzung zu tun?

An diesem Beispiel wird klar, wie sehr echtes Feedback auch Wertschätzung ausdruckt. In vielen Unternehmen werden Feedbackgespräche nur dann initiiert, wenn es um Kritik und negative Rückmeldung geht. Dies hat zur Folge, dass allein das Wort »Feedback« im Team ein mulmiges Gefühl und Abwehr auslöst. Google findet unter dem Suchbegriff »Feedback« unzählige Beiträge und Methoden, wie Führungskräfte PROBLEME mit ihren Mitarbeitern besprechen können. Häufig wird Feedback von Anfang an mit Problembesprechung gleichgesetzt. Und sehr oft wird dazu geraten, erst ein Lob auszusprechen, bevor der Hauptgrund des Gesprächs, die Kritik nämlich, auf den Tisch kommt. Auf diese Weise soll unser Gegenüber die Kritik besser annehmen können. Es gibt Tipps, wie die Raumatmosphäre sein soll, welche Art von Fragen gestellt werden sollen, wie die Person dazu gebracht werden soll, das Problem selbst zu erkennen, und in welchem Verhältnis Lob und Kritik ausgesprochen werden sollen, fünf zu eins zum Beispiel.

All diese Tipps und Methoden haben rein gar nichts mehr mit einem natürlichen Umgang miteinander zu tun und sind höchst manipulativ. Ganz zu schweigen von der Beleidigung an die Intelligenz unserer Mitarbeitenden! Jedes so ausgesprochene Lob verliert seine Wirkung eh, wenn es mit »… ABER hier oder dort hast du einen Fehler gemacht« weitergeht.

Warum eine wertschätzende Feedbackkultur so wichtig ist

Neben dem Bedürfnis nach Verbundenheit haben wir Menschen alle ein weiteres gemeinsames Grundbedürfnis, und zwar das nach Wachstum und Weiterentwicklung. Und um zu lernen und uns entwickeln zu können, brauchen wir wohlwollende Rückmeldungen zu unserer Leistung. Wir wollen wissen, was unsere Arbeit gebracht hat, ob unsere Vorgehensweise effektiv war, was wir beim nächsten Mal besser machen können und so weiter und so fort.

Zitat Bodo Janssen by avak

Als menschenfreundliche Unternehmer und Führungskräfte liegen uns neben dem unternehmerischen Erfolg auch der persönliche Erfolg von allen Teammitgliedern am Herzen. Verstehen wir Führung als Dienstleistung an unsere Crew, finden wir in einer offenen Feedbackkultur alle Voraussetzungen, um das Team in seiner Weiterentwicklung zu unterstützen. Somit sind alle Beteiligten Nutznießer einer fantastischen Win-Win-Situation:

  • Die Mitarbeitenden fühlen sich gesehen und wertgeschätzt, entwickeln sich weiter, sind dadurch motiviert und bringen sich mit ihren Talenten und Potenzialen voll ein.
  • Daraus erwächst eine Schwarmintelligenz, weil viele Menschen ihre originellen Ideen und Lösungen entwickeln, die sich gegenseitig ergänzen und potenzieren.
  • Fluktuation und Fehlzeiten gehen deutlich zurück, während sich die Effektivität und Zufriedenheit enorm steigert.
  • Das Unternehmen gewinnt bei Fachkräften, Kundinnen und Partnern an Attraktivität, wird zukunftsfähig und auch wirtschaftlich erfolgreich.

So sollte Feedback nicht sein …

… beschränkt auf ein, zwei Terminen im Jahr

Sprechen wir Kritik nicht zeitnah aus, stauen sich negative Emotionen an. Unter diesen Umständen wird es sehr schwierig, eine wohlwollende Rückmeldung zu geben.

… besserwisserisch und von oben herab

Manche Führungskräfte nutzen eine Feedbackrunde, um ihre »Macht« zu demonstrieren, und die hierarchischen Strukturen im Team hervorzuheben. Sie glauben, in allem besser zu sein als ihre Mitarbeitenden. Sie fühlen sich gut und stark so lange sie ihr Team klein halten. Gute Ideen mit großem Potenzial werden oft nicht angenommen aus Angst, sie könnten besser sein als die eigenen. Kein Wunder, dass eine solche »Führung« niemanden emotional erreicht und nur Abwehr und Abneigung im Team hervorbringt.

… manipulativ

Hier ist die Frage, welches Ziel wir mit unserem Feedback erreichen wollen. Möchte ich meine Mitarbeiter kontrollieren und sie dazu bringen, zu denken und zu tun, was und wie ich will? Manipulation mag eine Zeit lang sogar funktionieren, langfristig hat sie aber fatale Folgen für die Motivation im Team. So verlieren die Mitarbeitenden auch den Selbstwert und können sich persönlich nicht weiterentwickeln. Dies führt zu Unzufriedenheit, Leistungsabfall, Krankheit und Kündigung (innere wie äußere). Alle Beteiligten verlieren am Ende.

Was zeichnet ein wertschätzendes Feedback aus?

Unternehmenswerte

Wie bei allen anderen Bestandteilen einer menschenfreundlichen Unternehmenskultur bildet auch hier der Wertekanon der Organisation die absolut notwendige Grundlage für die Entwicklung einer Feedbackkultur. Wenn Werte wie Empathie und Wertschätzung im Team verankert sind und wirklich gelebt werden, ist es nicht mehr schwer, eine förderliche Feedbackkultur zu entwickeln.

Verbundenheit und Akzeptanz

In »Reinventing Organisations« nennt Frederic Laloux unsere eigene Haltung als einen wichtigen Aspekt der wertschätzenden Feedbackkultur. Wenn wir unser Gegenüber nicht verurteilen, sondern mit einer unterstützenden Haltung in das Gespräch gehen, helfen wir der/dem anderen, ihr/sein eigenes Tun zu reflektieren und selbst Antworten zu finden.

Augenhöhe

So kommunizieren wir auch gleich, dass wir es nicht besser wissen. Gibt es ein Problem, signalisieren wir damit, dass wir gemeinsam eine Lösung finden wollen. Es geht nicht um Machtspielchen und Verurteilung, sondern um echte Teamarbeit und Lösungsorientierung.

Zeitnahe Kommunikation

Es ist wichtig, regelmäßig im Austausch mit den Kolleg*innen zu bleiben. Nur so entsteht eine dialogische Feedbackkultur, die ein vertrauensvolles Miteinander schafft.

Konkrete Rückmeldung

Gerade beim positiven Feedback passiert es schnell, dass wir es bei einem knappen »gut gemacht!« belassen. Damit drücken wir zwar unsere Wertschätzung aus, geben aber kein konkretes Feedback. Es ist wichtig, dass unser Gegenüber weiß, was genau er/sie gut gemacht hat, und welches Ergebnis uns zu dieser Rückmeldung verleitet. Zum Beispiel: »Deine Präsentation war sehr gut vorbereitet und klar gegliedert. Du hast uns allen in kürzester Zeit die Fragestellung klar und verständlich dargelegt. Danke dafür!«

5 Tipps für die Entwicklung einer wertschätzenden Feedbackkultur

1. Nimm dein Team mit, indem du offen kommunizierst, warum du der Meinung bist, dass eine Feedbackkultur das ganze Team fördern und das Miteinander stärken wird. Keine Kultur kann man allein und im stillen Kämmerlein entwickeln. Begeistere dein Team für das Thema.

2. Meine Empfehlung ist, unbedingt mit positivem Feedback anzufangen. Erst wenn das Vertrauen in einem Team gefestigt ist, und eine offene zugewandte Atmosphäre im Team herrscht, kann es langsam und behutsam mit kritischem Feedback weiter »üben«. Hierfür bieten sich größere Feedbackrunden eher an als Vier-Augen-Gespräche.

3. Soll Feedback zur Gewohnheit werden, müssen die Aspekte gelernt und das Geben und Annehmen von Feedback geübt, geübt und noch mal geübt werden. Dabei kann eine Feedback-Challenge oder ein selbst erdachtes Spiel hilfreich sein.

4. Fertige aus den oben genannten Aspekten eine eigene Checkliste an und frage dich vor jeder Feedbackrunde, ob du in einem wertschätzenden »Modus« bist.

5. Wir lernen nur dann nachhaltig etwas Neues, wenn es uns Freude macht. Achtet unbedingt darauf, dass das Üben auch Spaß macht, und geht das Ganze spielerisch an.